Zu Gast: Estland

Zu Gast: Estland

28.06.2014 - 19.10.2014

Estnisches Glas entspricht in seiner Art sehr dem Land, aus dem es stammt. Es ist sowohl robust als auch verletzlich, es strahlt Ruhe aus und manchmal Ruhelosigkeit“, so beschreibt Mare Saare, eine der bekanntesten estnischen Künstlerinnen, die außergewöhnliche Glaskunst ihrer Heimat.  Als wir estnischem Glas vor einigen Jahren zum ersten Mal begegneten, waren wir von seiner Ausdruckskraft und klaren Formensprache sofort fasziniert – und es überraschte uns sehr, dass sich in dem kleinen baltischen Land fast unbemerkt von der westeuropäischen Kunstszene eine eigenständige Glaskultur auf höchstem Niveau entwickelt hat.

Estlands Glasszene ist noch jung: Sie konnte sich erst im Laufe der 90er Jahre frei entfalten. Während der Sowjetzeit von 1940 bis 1991 gab es kaum Möglichkeiten, mit Glas künstlerisch zu arbeiten, weder konzeptionell noch technisch. Stattdessen bestimmte Massenproduktion die einstigen Glaswerkstätten, die im ersten Drittel des 20.Jh. gegründet worden waren, um importierte Glas- und Kristallwaren mit kalten Techniken wie Schliff und Gravur zu veredeln. Die Studioglas-Bewegung erreichte Estland daher recht spät: 1991 wurde der erste Ofen von Viivi-Ann Keerdo und Kai Koppel in Tallin errichtet. Arbeiten dieser beiden Pionierinnen sind in der neuen Ausstellung zu sehen. Auch wenn traditionell die kalten Techniken sowie das optische Glas nach wie vor eine große Rolle spielen, so bevorzugt die jüngere Generation heute doch die Arbeit am Ofen, die schier grenzenlose künstlerische Experimente ermöglicht.

Mit unserer neuen Ausstellung geben wir einen Einblick in diese ungewöhnliche, junge Glasszene Estlands, die hierzulande noch kaum bekannt ist. Dank des großen Engagements der estnischen Künstlerin und Kuratorin Kati Kerstna können wir Ihnen rund 40 eigenwillige Arbeiten präsentieren, die zum Teil eigens für unsere Ausstellung entstanden sind. Beteiligt sind 22 estnische Glaskünstler – renommierte Persönlichkeiten, die sich inzwischen in der internationalen Szene etabliert haben, aber auch junge Kreative, die ihren ganz eigenen Weg gehen.

Fotos von links:

Rait Prääts, Round table, 2012 – Foto AHH

Mare Saare, Double Fragile, 2013 – Foto Mare Saare

Piret Ellamaa, Do you hear, 2013 – Foto Horst Kolberg

Kati Kerstna, Drums 1+2, 2014 – Foto AHH