Netz, Stab, Stachel – Weltbild und Poesie.

Mauro Bonaventura,The Human Condition, 2010 - Foto AHH
Zeitgenössisches Lampenglas aus fünf Nationen

Netz, Stab, Stachel – Weltbild und Poesie.

26.06.2010 - 24.10.2010

Lampenglas – der etwas irreführend klingende Name bezeichnet eine besondere Technik, mit der Glasobjekte nicht am Ofen, sondern vor der offenen Flamme eines Gasbrenners, der sogenannten „Lampe“, geformt werden. Bis Mitte des 19. Jhd. war dies tatsächlich eine mit zusätzlicher Luft versorgte Öllampe.

Lampenglas ist eine sehr alte Technik, ihre Ursprünge reichen bis in die Antike. Traditionell gilt sie als Kunst der kleinen Form, die es ermöglicht, Perlen, Miniaturen, Verzierungen oder kleinformatige Gefäße perfekt zu gestalten. In den letzten Jahren wurde dieser Typus Glas jedoch von einigen Künstlern schöpferisch weiterentwickelt und in völlig neue Dimensionen gebracht.

Mit freien, plastischen, teilweise auch großformatigen Objekten haben sie das Lampenglas geradezu revolutioniert und ihm in der modernen Kunst neue Möglichkeiten eröffnet:
Mauro Bonaventura (*1965 in Venedig) verwendet das nostalgische Material Muranoglas. Er dreht und rollt Glasfäden zu kugelförmigen Gebilden auf, bis lichtdurchflutete, oft sphärische Formen, Figuren und Details in leuchtenden Farben entstehen. Auch die Israelin Dafna Kaffeman (*1972 in Jerusalem) setzt sich über traditionelle Techniken der Lampenarbeit hinweg. Unmengen von spitzen Glasstacheln bringt sie Stück für Stück auf eine Silikon-Matrix auf: Ihre Objekte sind zerbrechlich, verletzbar und auch deshalb von außergewöhnlicher Anziehungskraft. Richard Meitner (*1949 in Philadelphia, USA) ist einer der arriviertesten Künstler und schon seit langem in der Sammlung Ernsting vertreten. In seiner innovativen, technisch vielseitigen Arbeit hat der in Amsterdam lebende „Allrounder“ auch das Lampenglas stets neu für sich entdeckt und weiterentwickelt. Seinem Stil bleibt er dabei mit Witz und Poesie treu. Steffen Orlowski (*1966 in Lauscha) spielt in seinen Arbeiten mit der Kombination zweier Materialien: Er versetzt aus Silber gegossene Miniaturfiguren als Protagonisten in abstrakte Räume aus Glas. In diesem Wechselspiel von Abstraktion und Realität entstehen Szenarien, die von Gefühlen und Beziehungen erzählen. Olga Pusztay (*1958 in Ungarn) arbeitet mit Lampenglas aus der Industrie. Für ihre filigranen, durchlässig gestalteten Formen und Installationen verbindet sie Glasröhren und kleine Zweige zu einer harmonischen Einheit: Symbol für das Beziehungsgeflecht von Mensch und Natur. Die Suche nach Leichtigkeit in einer Welt voller Dualismen ist zentrales Thema bei Nadja Recknagel (*1973 in Schmalkalden). Glasstäbe werden in der Flamme „verstrickt“ und netzartig aufgebaut: Zarte und dennoch raumgreifende Objekte entstehen, die Leichtigkeit und Kraft vereinen.

 

Fotos von links:

Mauro Bonaventura, The Human Condition, 2010 – Foto AHH

Steffen Orlowski, Erkenntnis, 2006 – Foto Steffen Orlowski

Nadja Recknagel, Beziehungsweise(n) 3, 2004 – Foto Horst Kolberg

Olga Pusztay, Tasche, 2008 – Foto Zoltan Szalai

Richard Meitner, Au Contraire!, 2010 – Foto AHH

Dafna Kaffeman, Wolf 03, 2004 – Foto Galerie Lorch + Seidel

 

Mauro Bonaventura,The Human Condition, 2010 - Foto AHHSteffen Orlowski, Erkenntnis, 2006 - Foto Steffen OrlowskiNadja Recknagel, Beziehungsweise(n) 3, 2004 - Foto Horst KolbergOlga Pusztay, Tasche, 2008 - Foto Zoltan SzalaiRichard Meitner, Au Contraire!, 2010 - Foto AHHDafna Kaffeman, Wolf 03, 2004 - Foto Galerie Lorch + Seidel