Kalt! Kunstwerke der Kaltglastechnik
Berührende Zerbrechlichkeit und messerscharfe Härte, leuchtende Farbigkeit und glänzende Klarheit – Glas bietet fantastische Möglichkeiten, Kunstwerke von großer Aussagekraft mit ästhetischer und technischer Brillanz zu schaffen. Dabei setzen die Kunstschaffenden, die mit Glas arbeiten, nicht allein auf bekannte Arbeitsprozesse wie das Gießen und Blasen des geschmolzenen, also heißen Glases. So kann das Glas, wenn es wieder erkaltet ist, bei Raumtemperatur und ohne weitere Wärmeeinwirkung mittels unterschiedlicher Methoden technisch weiterbearbeitet werden, z.B. durch Schneiden, Schleifen, Polieren, Gravieren, Ätzen, Laminieren, Kleben, Sandstrahlen, Verdrahten und Bemalen. All diese Schritte in der weiteren Gestaltung bzw. Veredelung des ausgekühlten Glases werden unter dem Sammelbegriff „Kaltglastechniken“ zusammengefasst.
Aus diesem sogenannten „kalten Glas“ schaffen Künstlerinnen und Künstler frappierende Werke, die – ausgewählt und nach Gruppen zusammengestellt – im Glasmuseum Lette zu sehen sind. Beigetragen haben dazu Leihgaben von Künstlerinnen und Künstlern sowie Werke aus der eigenen Museumssammlung. Allesamt lenken sie den Fokus auf die facettenreichen und vielfältigen Möglichkeiten der Kaltglastechniken.
Zu den ausgestellten Künstlern zählt z.B. Marta Klonowska, die mit ihren einzigartigen Tierskulpturen und Installationen seit Jahren auf dem internationalen Kunstmarkt großen Respekt genießt. Nach Motiven auf alten Gemälden konstruiert sie naturalistische Tiere und Figuren mittels Metallgerüste, auf denen sie zahllose, exakt zugeschnittene farbige Glasscherben und -stäbe zusammenfügt. Wie durch Magie verwandelt sie das kalte, starre Glas so in weiche, lebendige Körper und setzt Kreaturen in den Mittelpunkt, die auf den ehrwürdigen Bildern sonst nur als Statisten fungieren. Auch Josepha Gasch-Muche schafft mit speziellen Glasscherben faszinierende, schillernde Wandbilder und dreidimensionale Objekte. Sie bricht hauchdünnes, unregelmäßig geformtes Displayglas, das sie über- und nebeneinander schichtet und unsichtbar verklebt. Wenn Licht auf diese Schichtungen fällt, werden ihre Arbeiten lebendig, geradezu sinnlich. Sie scheinen sich zu bewegen und zu verändern, je nach Einfallswinkel bzw. Stärke des Lichts und Position des Betrachters. Der Kubaner Carlos Marcoleta ist ein Künstler, der auf vielen Gebieten zu Hause ist – auch im Glas. Mit Raffinesse und handwerklichem Geschick schichtet er nach Maß geschnittene und satinierte Floatgläser übereinander. In ihrer Summe ergeben sie ein Gebilde, eine Umkehrung aus positiver und negativer Form, das Portrait einer Frau, die sich aus dem Inneren der Scheiben befreien möchte. Je nach Blickwinkel verändert Marcoletas Werk sein Erscheinungsbild, so dass der Betrachter sich schichtweise „Mujer 2“ erobern kann.
Diese und weitere Glasobjekte von Meistern der Kaltglastechniken ergeben ein Zusammenspiel, das in Ausstellungen selten anzutreffen ist und den Besuch des Glasmuseums Lette umso lohnender macht.
Es gilt die aktuelle Corona-Schutzverordnung des Landes NRW!
Foto oben: Marta Klonowska, Jeune Femme en Robe à la Polonoise after Pierre-Thomas LeClerc, 2019 – Foto Artur Gawlikowski, Galerie lorch+seidel contemporary
Fotos von links:
Josepha Gasch-Muche, T. 10-01-17, 2017 – Foto Josepha Gasch-Muche
Jens Gussek, Hammer und Sichel, 2016 – Foto Eric Tschernow, Galerie lorch+seidel contemporary
Carlos Marcoleta, Caribena-Mujer 2, 1997 – Foto Horst Kolberg
Masami Hirohata, Natura Morta, 2015 – Foto Eric Tschernow, Galerie lorch+seidel contemporary
Anne Knödler, Hoffnungsglück, 2014 – Foto Eric Tschernow, Galerie lorch+seidel contemporary
Gerd Kruft, Kubus mit Blau, 2006 – Foto Gerd Kruft
Judith Röder, Dickicht 2, 2017 – Foto Eric Tschernow, Galerie lorch+seidel contemporary
Marta Klonowska, Die Versuchung des Heiligen Antonius (Flötenspieler), 2008 – Foto Stephan Wieland, Galerie lorch+seidel contemporary
Jiří Harcuba, Chopin, 1982 – Foto Ron Zijlstra
Ronald Fischer, Ein Stück Unendlichkeit, 2005 – Foto Ronald Fischer
Olga Pusztay, Tasche, 2008 – Foto Zoltan Szalai
Katharine Coleman, Small Ruby Waterlily, 2014 – Foto Katharine Coleman