Glasdepot Höltingshof
Im Frühjahr 2006 eröffneten Kurt (1929-2011) und Lilly Ernsting das Glasdepot in Coesfeld-Lette. Die Besucher haben seitdem die Möglichkeit, die vollständige Glassammlung zu sehen. Blickt man auf die deutsche Museumslandschaft, so ist das Glasdepot nach wie vor außergewöhnlich und einmalig.
In den vergangenen Jahrzehnten musealen Sammelns ist der Bestand an herausragenden Glaskunstwerken enorm gewachsen. Bis dato zählt die Sammlung über 2.000 Werke. Sämtliche Techniken, autonome wie angewandte Objekte, Miniaturen wie monumentale Werke sind ebenso vertreten wie Künstler aus dem gesamten Europa und aus dem fernen Ausland. Der Standort einer Museumssammlung ist in der Regel dem Publikum nicht zugänglich. Meist befinden sich die gelagerten Kunstobjekte im Keller oder in benachbarten Nebenräumen. Das Publikum hingegen sieht sie nur, wenn sie im Museum ausgestellt werden.
Lilly Ernsting (1930-2023) aber hatte andere Pläne. Die Freude, die sie beim Sammeln, aber auch immer wieder beim Betrachten der Werke hatte, wollte sie mit den Besuchern teilen. So entschloss sie sich zusammen mit ihrem Mann, ein Glasdepot, eine Schausammlung, einzurichten. Es sollten aber noch Jahre vergehen, bis der Wunsch in Erfüllung ging.
Im Blick hatten beide den benachbarten Höltingshof, ein ehemaliger Bauernhof aus dem 19. Jahrhundert, der in den letzten Jahrzehnten vom Bistum Münster als Ferienstätte für Kinder und Jugendliche genutzt wurde. Die Bausubstanz war desolat, die Technik veraltet, dem Ensemble fehlte Charme. Alles das sollte sich ändern und der Nutzung als Ort der Glassammlung angepasst werden. Teilgebäude wurde abgerissen, der Boden der Tenne um 50 cm tiefer gelegt, um eine Galerie einzubauen, der Garten wurde neu konzipiert, und das ehemalige Bauernhaus wurde zum Bauerncafé. Im Grunde erlebte das Ensemble, ohne die ursprüngliche Außenarchitektur zu verlieren, einen neuen Anfang.
Große, eigens für die Unterbringung der Glasobjekte auf zwei Ebenen aufgestellte Glasvitrinen empfangen den Besucher. Die chronologische Reihung der Vitrinen hat System. Beschriftet und mit Listen versehen, erschließen sie dem Besucher die Entstehung der Sammlung und damit einhergehend ihre eigene Entwicklung im Kontext der Geschichte der Glaskunst. Seit 2006 haben die neuerworbenen Glasobjekte ein Zuhause im Depot. Ab und wann wandern sie ins Glasmuseum, wo sie inszeniert ausgestellt werden, im Gegensatz zu ihrem nüchternen Standort im Glasdepot.
Lilly Ernstings reges Sammeln führte 2012 dazu, dass die Alte Tenne neben dem Glasmuseum im gegenüberliegenden Alten Hof Herding ebenfalls zum Depot wurde. In baugleichen Vitrinen sind die Objekte aus den Jahren von 1970 bis 2003 zu sehen, während die Objekte ab dem Ankauf in 2004 im Glasdepot im Höltingshof ausgestellt sind. Die Trennung der Sammlung schuf räumliches Potential für zahlreiche neue Werke.