Glas im Großformat

Glas im Großformat wird in dieser Sonderausstellung des Glasmuseums gezeigt. Sechs europäische Künstler sind mit Skulpturen vertreten, die auf Grund ihrer Größe mehr Raum beanspruchen, als wir es bei Glasobjekten üblicherweise gewohnt sind. Diese Skulpturen sind raumfüllend und ermöglichen zum Teil, ein Kunstwerk von allen Seiten zu betrachten und zu „begreifen“. Die starke Struktur des Materials Glas mit seinen vielfältigen Bearbeitungsmöglichkeiten, oft kombiniert mit anderen Materialien, verschaffen einer Skulptur besondere Ausdrucksstärke. Dabei ist es aufschlussreich zu sehen, mit welchen grundsätzlichen Fragen und Themen sich der einzelne Künstler auseinandersetzt und vielleicht auch den Betrachter anregt, es ihm gleich zu tun.

Lisa Gherardi hat sich in den letzten Jahren hauptsächlich mit dem Thema Tod als einem der zwei Pole, zwischen denen unser Leben verläuft, beschäftigt. Ihre neueren Arbeiten strahlen eine große Vitalität, gleichzeitig aber auch eine gewisse Ironie und Mehrdeutigkeit aus. Die Objekte sind dem Menschen und seinem Körper zugewandt und zeigen dabei die weniger sichtbaren Körperteile, nämlich Knochen in Verbindung mit weichen Materialien, wie z.B. Latexschläuchen oder Handknochen aus Glas, die den dazugehörigen Röntgenbildern gegenübergestellt werden.

Silvia Levenson beschäftigt sich mit dem geschönten Bild, das die Medien über die Kindheit vermitteln und das wir uns auch selbst oft davon machen. Sie will mit ihren Arbeiten die Unmöglichkeit verdeutlichen, selbst in der eigenen Privatsphäre frei von Angst zu sein, angesichts dessen, was in der Welt geschieht. So berühren die verlassen vor einer Kinderbank stehenden Schuhe auch tiefe Einsamkeitsgefühle.

Esther Jiskoots Skulpturen bestehen aus wunderbar aufgefädelten Perlen, die einen Kontrast bilden zu weiteren Materialien wie Keramik und Kunststoff. Die Künstlerin möchte Kunstwerke schaffen, die sich eher an tiefen Gefühlen als an äußeren Dingen orientieren.

Die Hofporträts alter Meister, die Maria Klonowska in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten stellt, sind als Posen für die Ewigkeit gedacht. Beiwerk, wie Schmuck, Schuhe und Hunde dienen üblicherweise auf solchen Porträts dazu, den gesellschaftlichen Status der Porträtierten zu demonstrieren. Sie werden hier von der Künstlerin aus dem Bild „herausgehoben“ und als Skulptur in den Vordergrund gerückt. Durch das Material Glas erhalten sie Eigenständigkeit und Präsenz.

Das Haus ist ein Ursymbol für das Bedürfnis nach Schutz und Geborgenheit. Bei den Objekten von Stephanie Rhode kann der Betrachter Siedlungen von Häusern aus Glas, Stahl und Filz umkreisen und erfährt je nach Standpunkt neue Licht- und Schattenwerte, die durch die strenge Anordnung der Hausgruppen und die unterschiedlichen Materialien entstehen.

Um Eindrücke aus unterschiedlichen Blickwinkeln geht es auch bei den Zeichnungen von Maurizio Donzelli. Je nach Standort des Betrachters geraten seine Figuren in Bewegung und konstruieren eine neue Szene. Maurizio Donzelli ist Grafiker und experimentierte erstmals bei einem Kulturprojekt der Stadt Bozen mit dem Material Glas und seinen vielfältigen Möglichkeiten, die ihn weiterhin inspirieren.

 

Fotos von links:

Marta Klonowska, Les Jeunes (nach de Goya), 2003 – Foto AHH

Esther Jiskoot, Bluesack, 2001 – Foto Ron Zijlstra

Lisa Gherardi, o.T., 2003 – Foto Ron Zijlstra

Silvia Levenson, Little bad girl, 1999 – Foto Ron Zijlstra