Sommerausstellung

Der Titel kündigt es an: Das Glasmuseum hat Geburtstag. Zehn Jahre ist es her, dass die Sammlerin und Stifterin Lilly Ernsting zusammen mit ihrem Mann den neuen Museumsbau eröffnete und ihrer Sammlung dieser eigens auf die Präsentation von Glas ausgerichteten Stätte übergab. Das Konzept, vier Ausstellungen im Jahr zu zeigen, zwei aus der eigenen Sammlung und zwei mit eingeladenen Künstlern, fasste sofort Fuß und gilt bis heute.

Unterstützung bei allen Ausstellungsprojekten fand die Sammlerin bei den Niederländern Mieke Groot und Bart Guldemond. Mieke Groot, selbst freischaffend im Glas tätig, konzipierte und realisierte die Ausstellungen, stellte den Kontakt zu den Künstlern her und war profunde Ratgeberin bei der Erweiterung der Sammlung. Bart Guldemond stand Pate bei der Realisierung vor Ort und gestaltete zusammen mit Mieke Groot das „Gesicht“ der jeweiligen Ausstellung.

An seinem 10jährigen Geburtstag zeigt das Museum in einer umfassenden Retrospektive Glasobjekte all jener Künstler, die sich an 20 Ausstellungen in diesem Zeitraum beteiligten und aus deren Werken für die Glassammlung angekauft wurde. Meist waren es zwei oder drei Künstler, die sich an einer Ausstellung beteiligten, selten wurden Einzelausstellungen initiiert. Seit 2003 lädt das Museum auch Schüler und Studenten von Glasschulen oder Kunstakademien ein, so etwa die Absolventen der Gerrit Rietveld Akademie aus Amsterdam, die Schüler tschechischer Glasfachschulen oder die Studenten der Glasklasse der Akademie für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle. Nahezu von allen Gastausstellern sind Werke in die Museumssammlung aufgenommen worden, die ein repräsentatives Konvolut vielfältiger Glasarbeiten ergeben und die Sammlung konzeptionell wie technisch beachtlich erweitern.

Viele der Arbeiten zeigen, dass der Künstler seine Ideen aus Themen und persönlichen Anliegen entwickelt. Hier ist das eingesetzte Glas bevorzugtes Medium, um die inhaltliche Intention zu bekräftigen. Die Werke von Lieve van Stappen, Sibylle Peretti, Caroline Prisse, Jens Gussek, Louise Rice oder Gareth Noel Williams sind Beispiele dieser Arbeitsweise. Glasexponate, die aus dem formalästhetischen Ansatz entstanden sind und das Glas zuweilen nicht eindeutig erkennen lassen, machen ebenso einen wichtigen Teil der Sammlung aus. Mieke Groots Gefäße und Objekte stehen hier stellvertretend. Einen gewichtigen Anteil an der Sammlung haben die Glasobjekte, welche die charakteristischen Merkmale des Glases, seine Transparenz und seine Fähigkeit auf Licht zu reagieren, unverkennbar herausstellen. Hier sind vor allem die tschechischen Künstler zu nennen, die sich konsequent diesen Eigenschaften verschreiben. Auch hinsichtlich der angewandten Techniken spannt die Ausstellung einen breiten Bogen. Die traditionelle Lampenarbeit und das geblasene Glas spielen nach wie vor eine tragende Rolle in der Sammlung, doch ergänzen die Technik der Formschmelze, das heiß verformte Glas und auch das Flachglas das Spektrum. Spannend und originell sind die Glasobjekte vor allem durch die unterschiedliche Bearbeitung ihrer Oberfläche, sei es durch das Bemalen mit Schmelz- oder Kaltfarben, durch das Ätzen, Gravieren, Schleifen, Polieren oder Sandstrahlen. Glaskörper in Kombination mit Metall, Holz oder Textilien bis hin zu Leder – die sog. Mixed Media – haben in den letzten zehn Jahren beachtlichen Zugang zur Sammlung gefunden und sich dort etabliert. Eine solche Rückschau markiert die eigene Epoche des Museums und ist zugleich Anlass zum Fazit seiner Leistung, auch für die Menschen, die dort 10 Jahre miteinander arbeiteten, diskutierten und ihre Freude am Glas teilten. Für Mieke Groot und Bart Guldemond ist diese Ausstellung Zäsur und zugleich das Ende der Zusammenarbeit mit der Stiftung und dem Glasmuseum. Für Ihr Engagement, ihre Sachkompetenz und ihre Ideen danken die Stifter Kurt und Lilly Ernsting im Namen der gesamten Stiftung sehr herzlich und wünschen beiden eine gute Zukunft.

In seinem 10. Jahr hat das Glasmuseum mit einem eigenen Glasdepot im benachbarten Höltingshof Zuwachs bekommen. Seit April kann der Besucher dort die Glasobjekte aus 30jähriger Sammlungstätigkeit sehen. An die Zukunft der Sammlung ist gedacht, denn ausreichend Platz wartet auf neue Glasobjekte.

 

Fotos von links:

Richard Meitner, Gift, 2002 – Foto Ron Zijlstra

Jens Gussek, Bubble Car I, 2000 – Foto Ron Zijlstra

Louise Rice, Cage, 2003 – Foto Ron Zijlstra

Mieke Groot, o.T., 2003 – Foto Ron Zijlstra