Poesie im Alltag

Alltag bedeutet für viele Menschen Routine und Langeweile. Die stete Wiederholung vertrauter Abläufe bietet Sicherheit und Geborgenheit, doch sie belebt gleichzeitig auch den Wunsch, einmal auszubrechen und sich auf die Suche nach dem Besonderen und Unerwarteten zu begeben, den Alltag spontan zu einem Festtag zu machen. Eine Sehnsucht, die alle erwachsenen Menschen verbindet – unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft und gesellschaftlicher Stellung. Um das Alltagsjoch abzuschütteln und wieder Zauber ins Leben zu bringen, handelt jeder sehr individuell. Der eine richtet sich seine Wohnung neu ein, der andere verschönt sein Äußeres mit neuen Dingen oder aber bringt mit ein paar Blumen Farbe ins Leben. Manch einer krempelt sein ganzes Leben um, begibt sich auf eine Flucht vor dem Alltag, die selbst wiederum zu einem Fallstrick werden kann.

Das Kunststück, hier die Balance zu halten und sich mit dem unvermeidlichen Alltag zu arrangieren, magische Momente in der vermeintlichen Tristesse zu finden, hat auch Künstler inspiriert. Ihre Suche nach der Poesie im Alltag dokumentiert unsere gleichnamige Ausstellung. Die Glassammlung erweist sich bei diesem Thema als eine enorme Quelle: Ein sehr großer Teil des Bestandes reflektiert den alltäglichen Gegenstand, seien es Schalen, Vasen, Flaschen oder Dosen. Auch Assoziationen mit unterschiedlichen Textilien sind häufig zu finden. Dabei entrückt die Kunst den Gegenstand wie in einer Metamorphose aus seiner Alltagsrealität – er mutiert von einem zweckgebundenen Gebrauchsgegenstand zum unabhängigen Kunstwerk. Dem Betrachter eröffnet sich ein neuer Blick auf die dingliche Welt, die ihn jedem Tag umgibt. Kunst macht auch aufmerksam auf die unglaubliche Ästhetik ganz normaler Alltagsartikel. Die Künstler entlassen die Gegenstände aus ihrer Banalität, schenken sogar einer Säge oder einer Schere eine neue Aufgabe und verleihen holländischen Holzpantinen einen glamourösen Auftritt.

Entrücken Sie dem Alltag und tauchen Sie einmal ab. Gute Reise!

 

Fotos von links:

Patula Berm, Memories of Lavander, 2007 – Foto Richard Willebrands

Louise Rice, Safe as Houses , 2003 – Foto Ron Zijlstra

Caroline Prisse, Dutch Cinderella, 1997 – Foto Ron Zijlstra

Drew Smith, o.T., 1980 – Foto Ron Zijlstra